Robert Schweissgut Intro
Vorwort
Warum Nurflügel ?
Slow down, you move too fast...
Was bringt der FLAT-TIP ...
Marathon, Nugget
Cloudbuster, Windwalker II
Hippie
Hand-launch-riser Orbit,
Slowing
Kea, Cult
Hohe Streckung beim Nurflügel
Elektrosegler
Gusto, Bolero
Boogie, Bambino
Nurflügeltypen
Venus, Super-Wing II
Hangsegler: Zorro Highlight
Slogan
Wingfreak
Top-fun
Zorro classic
Chopper
Gross-Segler Pelikan,
Mandarin
Landehilfen, F-Schlepp
Cosmopolit, Cross-country
Milan
Ger, Möwe
Steinadler |
Milan
|
Spannweite: ca. 2,2
m
Flächeninhalt: ca. 46 dm2
Fluggewicht: ca. 1,6 kg
Wie oft schon haben Sie einen
segelnden Greifvogel beobachtet, der sich in engen Spiralen höher und höher schraubt?
Haben Sie sich dabei vielleicht auch gefragt, ob so was nicht auch als Modell fliegen
würde?
Das Interesse für die Fliegerei war für mich immer schon mit der Beobachtung segelnder
Greifvögel verbunden. Schon als Schüler gab es fast keine schönere Beschäftigung für
mich. In all den vielen Jahren habe ich zwar viel über Lebensweise und -aufgabe dieser
Tiere gelernt, es ist für mich aber immer noch ein Rätsel, was mich an diesen Vögeln so
fasziniert. Ich glaube aber auch, das herauszufinden ist gar nicht so wichtig.
Irgendwann einmal kam dann die Idee, einen Greifvogel möglichst naturgetreu nachzubauen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich mit der RC- Segelfliegerei schon sehr intensiv
beschäftigt und auch schon einige Eigenkonstruktionen zum Fliegen gebracht. Darunter
waren auch ein paar recht brauchbare Brettnurflügel (KOLK). Die bei diesen Konstruktionen
gewonnenen Erfahrungen waren als Grundlage zur Planung des MILAN aber leider nur teilweise
von Nutzen. Durch die langjährige intensive Beobachtung der Vögel glaubte ich aber
ausreichend Wissen über Flug- und Steuertechnik gesammelt zu haben und war tatsächlich
vermessen genug, zu glauben, auf dieser Grundlage rasch und problemlos den Bau durchziehen
zu können.
Ich hatte mir vorgenommen, einen Vogel ohne "Krücken" (Seitenruder) zu bauen.
Gerade darum kam aber alles ganz anders und fast alle Erfahrungswerte aus vorangegangenen
Konstruktionen waren praktisch wertlos.
Das ursprüngliche Konzept hatte eine Brettfläche mit stabiler Profilierung. Die
Stabilisierung um die Hochachse sollte durch starre, aus GFK gefertigte Randfedern
erfolgen. Diese stimmten in Anzahl, Form und Grösse mit dem Original exakt überein. Sie
erfüllten im wesentlichen die Funktion von Winglets. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden,
waren sie etwas gegen die Flugrichtung angestellt (Vorspur) und hatten je Seite eine
V-Form von ca. 10 Grad.
Normal ausgeführte Querruder sollten die Kurvensteuerung erledigen. Ein vergleichsweise
riesiger Schwanz war Höhen- und Seitenruder zugleich. Damit diese Funktionen gemischt
werden können, habe ich eine einfache mechanische Vorrichtung aus Messingrohren und
Federstahlstäben zusammengelötet, die es ermöglichte, die Schwanzfläche unabhängig
von der Höhenruderbewegung noch seitlich zu bewegen und zugleich zu verdrehen. Das hatte
ich von den Vögeln abgeschaut.
Was gibt es schon gross zu befürchten, wenn eh schon alles gut vorbereitet ist?
Da kann das Einfliegen doch nur noch eine Formsache sein - dachte ich.
Der Erstflug bei ausnahmsweise guten Wetterbedingungen zeigte dann zwar, dass der Vogel
ein akzeptables Gleiten hatte, allerdings blieb jegliche Reaktion auf Querruder völlig
aus. Auch die Unterstützung durch "Seitenruder" half nichts. Einzig die
Schwanzbewegungen in Richtung Höhe oder Tiefe verursachten heftige Nickbewegungen.
Spärliches Fazit des Erstflugs: Die Steuerbarkeit um die Nickachse ist ausgezeichnet...
Trotz diesem mageren Ergebnis war ich sehr zuversichtlich, immerhin stimmte das
Grundkonzept: der Vogel flog stabil - es könnte ja viel gröber fehlen.
Ich überlegte, dass durch vergrösserte Querruder dem Dilemma schon abgeholfen werden
könnte und machte mich flugs an den Bau. Bei weiteren Flügen zeigte sich aber recht
eindeutig, dass der Vogel auch mit riesigen Rudern und entsprechenden Ausschlägen nicht
zum Einleiten einer ordentlichen Kurve zu bewegen war. So endeten die meisten
"Ausflüge" in den Büschen, was meine Fliegerkollegen zu der spöttischen
Bemerkung veranlasste: Der Vogel sei halt schon viel zu vorbildgetreu und genau deshalb
sei es absolut nicht verwunderlich, dass er vor den neugierigen Gaffern in die Büsche
flüchtet! Sie gaben mir auch noch den wohlgemeinten Rat mit nach
Hause, die Fenster meiner Bastelbude gut zu verschliessen, damit der Vogel nicht unbemerkt
aus seiner "Voliere" entwischen kann. Ja, ja - wer den Ärger hat. der braucht
für den Spott nicht mehr zu sorgen.
Es war mir aber klar, dass diese Wortspiele mit dem deutlich spöttischen Unterton
eigentlich aufmuntern sollten, nur ja nicht aufzugeben, damit der Vogel endlich wie seine
lebenden Artgenossen stolz am Himmel kreisen kann.
Ich vermutete, dass durch die grosse Anstellung der Randfedern gegen die Flugrichtung die
Stabilisierung einfach schon zu zwingend war und verringerte daher die Einstellung
schrittweise. Aber es war damit eine drastische Leistungseinbusse verbunden. Der nutzbare
Spielraum scheint also recht eng und ich war zufällig in einen günstigen Bereich
gerutscht. Wieder nichts.
Flächenverwindung hiess das nächste Zauberwort, von dem ich mir den endgültigen
Durchbruch erhoffte, aber, um es kurz zu machen - es war ebenfalls ein Fehlschlag.
Ausser dem starken negativen Wendemoment war überhaupt keine Reaktion zu bemerken. In
dieser Phase war mein Elan schon ziemlich verbraucht und ich sagte mir immer wieder, dass
es wohl viel gescheiter wäre, die lebenden Vögel am Himmel zu beobachten und dabei
meinen Spass zu haben. Ich wollte aber doch nicht ganz aufgeben und verpasste dem
eigenwilligen Vogel ein unscheinbares Seitenruder, wohl auch um mir Gewissheit zu
verschaffen, dass er überhaupt flugfähig ist. Mit dieser Plexi-Seitenflosse flog er
tatsächlich so gut, dass es auf mich wirkte wie eine Adrenalinspritze. Das schöne
naturgetreue Flugbild und auch die tadellosen Flugeigenschaften motivierten mich von
neuem.
Also montierte ich Spoiler auf den Flügeloberseiten im äusseren Drittel. Ganz
zufrieden war ich mit dieser Lösung aber nicht, weil es einfach nach meinem Geschmack
schon eine zu starke Entfremdung vom Original ist. Ich flog den Versuch - es funktionierte
einigermassen, aber nicht überzeugend genug. Inzwischen waren mehrere Saisonen vergangen
und der ursprüngliche Eifer an diesem reizvollen Projekt war aufgebraucht. So sperrte ich
den widerspenstigen Vogel in einen Schrank zu anderen fehlgeschlagenen und
unausgebrüteten Vorfahren. Aber wie es eben so geht, lässt sich ein Projekt, mit dem man
sich über so lange Zeit derart intensiv beschäftigt hat, nicht einfach aus dem Gehirn
verbannen. Es krallt sich hartnäckig irgendwo in den
Zwischenräumen der Gehirnwindungen fest und meldet sich regelmässig. Irgendwann kommt
dann eine "gute Idee" und plötzlich ist man wieder mitten drin.
So baute ich also wieder Flügel mit der inzwischen bewährten Profilierung. Ich behielt
auch die Schwungfedern bei, denn dieses Mal sollten sie zum Steuern
"herangezogen" werden (ist wörtlich zu nehmen). Eine zentral im Rumpf
angeordnete kräftige Rudermaschine mit einem mächtigen Hebel zog mittels einer dünnen
Schnur die ersten beiden Schwungfedern des jeweils kurveninneren Flügel etwas zum Körper
heran. Zugleich wurden dabei die Federn etwas aufgedreht. Dieser unsymmetrische Widerstand
müsste zum Steuern doch ausreichen, überlegte ich.
Beim MILAN hat dies auf Anhieb so gut geklappt, dass ich regelrecht paff war und auch
verärgert, dass ich nicht schon früher auf diese simple Idee gekommen war. Aber so ist
es im Leben: Je mehr man sich in einem Problem verstrickt, um so mehr verliert man auch
mögliche Lösungen aus dem Blickfeld und gerät in eine Art Kreisbewegung aus der es fast
kein Vorwärtskommen mehr gibt.
Der MILAN flog also und ich bemühte mich vorläufig nicht darum, ihm ein schönes Finish
zu geben, obwohl er es sich redlich verdient hätte. Ich wollte nur das Fliegen auskosten
und habe nebenbei versucht die Leistungen durch einfache Massnahmen zu verbessern. Die
Eigenschaften waren ja schon ganz hervorragend. Die letzte derartige Version des MILAN
hatte ein stabiles Wurzelprofit mit ca. 6 % Wölbung und nur ca. 6 % relativer Dicke. Zum
Flügelrand hin war eine aerodynamische Verwindung eingebaut. Ab dem letzten
Flügeldrittel war kein S-Schlag mehr da.
Es war ein Hochgenuss, den MILAN zu fliegen. Er
wirkte in der Luft sehr naturgetreu, was aber nicht nur mir viel Freude machte, sondern
ganz besonders auch den boshaften Krähen, die endlich ein lohnendes Ziel für Ihre
Attacken hatten. Ich möchte beinahe behaupten, sie freuten sich über diesen unbeholfenen
Gegner, der sich nicht gleich auf den Rücken warf, um ihnen die Fänge
entgegenzustrecken, wenn sie sich zu nahe heranwagten. Diese überragend schlauen und
intelligenten Tiere hatten bereits nach kurzer Zeit erkannt, dass hier nur eine billige
Attrappe ihre Lufthoheit einschränken will. Während der ersten Tage am Hang fanden sie
sich immer zahlreich und lärmend ein, sogar schon während ich den MILAN aufrüstete.
Ganz offensichtlich war ihnen klar, dass mein Erscheinen im Gelände unmittelbar mit dem
Flug eines seltsamen Vogels zusammenhängen musste, den man ungestraft ärgern darf.
Einen Haken hatte die Steuerung mit den
Schwungfedern allerdings und der zeigte sich gerade im Schnellflug, also auch, wenn der
MILAN sich vor der Übermacht und Zudringlichkeit der Krähen wieder in meine Nähe
flüchten musste. Die grossen und relativ weichen Schwungfedern konnten dem Staudruck
etwas nachgeben. Nach einer kurzen Flugstrecke im Schnellflug setzte ein
unkontrollierbares Pendeln um die Hochachse ein. Kein besonders schöner Anblick,
wenngleich die Krähen die Fluchtdistanz erheblich vergrösserten. Wahrscheinlich
vermuteten Sie, der MILAN wendet jeden Moment zum Gegenangriff. Jedenfalls war das Fliegen
mit diesem Vogel niemals langweilig, auch als später den Krähen das Spiel zu fad wurde
und sie sich lieber die Energie für ihre täglichen Familienstreitigkeiten sparten.
Gar nicht lange nach diesem erfolgreichen Abschluss
befasste ich mich mit dem Horten-Konzept und versuchte meine ersten Konstruktionen mit
Glockenauftriebsverteilung. Durch die Arbeit am MILAN war meine Geduld optimal geschult.
Nach einigen Versuchen hatte ich etwas Übersicht gewonnen und ging daran, für den MILAN
einen Glockenauftriebsflügel zu konstruieren. Die Stabilisierung der Hochachse musste
nun von der Fläche selber erledigt werden, weil das neue Konzept keine
Schwungfedernsteuerung mehr verlangte. Der Flügel musste also teilweise stark positiv
gepfeilt sein. Wenn die Flügelgeometrie möglichst naturgetreu sein soll, kommt rnan auch
nicht umhin, den Flügel mehrfach geknickt zu bauen. Alles in allem ein extrem anmutender
Entwurf, der selbst bei grosszügiger Einschätzung nur einen sicheren Vorteil zu bieten
hat: Die ungünstige Wirkung des Mitteneffektes konnte aufgrund der negativen Pfeilung irn
Flügelmittelteil vollkommen ausgeschlossen werden.
Vor dem Bau mussten aber noch zahlreiche Details geklärt werden. So z.B: Wie verhält
sich Furnier auf dem Kern bei solch gewaltigen Wölbungs- und Schränkungssprüngen usw.
Immerhin flog der erste Versuch sehr zufriedenstellend und nach wenigen unwesentlichen
Änderungen konnte ich zufrieden sein. Dem MILAN fehlte nur noch ein schöner
naturgetreuer Körper. So schnitzte ich aus Zirbenholz ein Urmodell und baute
Negativschalen, obwohl ich damals nicht im entferntesten daran dachte, jemals den
Modellbau kommerziell zu betreiben. Damit war ein sehr aufwendiges Projekt abgeschlossen.
Hätte ich in der Einstiegsphase nur annähernd geahnt, womit ich mich eingelassen
hatte...
Ich habe mir nie die Mühe gemacht, die
Auftriebsverteilung des MILAN - Flügels nachzurechnen. Es genügt mir, dass er
verlässlich und gut fliegt. Ich höre immer wieder von Kollegen, die sich ebenfalls sehr tief in die theoretischen Grundlagen
gekniet haben: Das ist im Leben nie mehr eine Glockenauftriebsverteilung. Ich behaupte
aber: Es ist eine! Kennzeichen der glockenförmigen Auftriebsverteilung ist nicht die
möglichst genaue Annäherung an eine rechnerisch ermittelte Graphik, sondern der negativ
induzierte Widerstand am kurvenäusseren Flügel. Der MILAN kurvt einwandfrei ohne
irgendwelche seitlichen Hilfsflächen.
MILAN ist vollkommen trudelsicher. Bei voll
gezogenem Höhenruder geht er in einen milden Sackflug, mit Querruder kann man einwandfrei
die Richtung halten. Auch im Kreisflug ist der Strömungsabriss absolut unkritisch. Es war
mein Ziel, einen Vogel ohne Seitenruder möglichst naturgetreu und mit einfachen Mitteln
nachzubauen. Natürlich ist der MILAN und auch alle anderen Konstruktionen noch unendlich
weit vom Original entfernt. Während der zahllosen Stunden am Fernglas und bei
Zeitlupenstudien mit dem Videorecorder. während denen ich versuchte die Geheimnisse des
Vogelfluges zu lüften, ist mir allerdings die Erkenntnis gekommen, dass es reine
Vermessenheit ist, einen Vogelflügel mit allen seinen Funktionen dem Original
entsprechend nachbauen zu wollen.
Es ist schier unglaublich, mit welchen Raffinessen
die Natur ihre Geschöpfe ausstattet! Ja, es erfüllt mich geradezu mit Ehrfurcht und kann
nur staunen, welch ein unübertreffliches Meisterwerk der Evolution (????) ein
Vogelflügel ist. In seiner Vielseitigkeit ist er immer genau an die Lebensumstände des
jeweiligen Vogels ganz genau angepasst. Dem Vogel steht ein unendliches Repertoire an
Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zum Ausfliegen schwacher Aufwinde kann er die
Flügelwölbung extrem vergrössern. Sollte noch mehr Auftrieb verlangt sein (Landung,
scharfe Wenden) aktiviert der Vogel Vorflügel (Daumenfittich). Diese werden manchmal auch
zum Steuern verwendet.
Der Vogel kann den Flügel aber auch so einstellen,
dass er nur mässig gewölbt ist und damit günstigere Widerstandsbeiwerte erreicht für
den Streckenflug durchs Revier. Für den rasend schnellen Jagdflug wird der Flügel flach
gewölbt. Das überraschende an der "Konstruktion" ist aber, dass die
verschiedenen möglichen Flügelstellungen immer optimal zweckmässig mit der jeweils
richtigen Profilwölbung und Flächenbelastung kombiniert sind.
Beispiel: Im langsamen Thermikflug streckt der
Vogel seine Schwingen aus, soweit es nur möglich ist. Die besondere Konstruktion der Hand
- und Fingerknochen und der dazwischenliegenden Spannhaut bewirkt dann, dass die
Tragfedern nach unten gedrückt werden. Es geschehen also allein durch das Durchstrecken
des Flügels automatisch alle nötigen Einstellungen für den Langsamflug:
Vergrösserung der tragenden Fläche und damit
unmittelbar zusammenhängend Verkleinerung der Flächenbelastung. Weiterer Effekt:
Vergrösserung des Anstellwinkels zur Körperachse
und der Profilwölbung. Zusätzlich werden beim Strecken des Flügels die vielen kleinen
Deckfedern auf der Flügeloberseite übereinandergeschoben und damit eine weitere
Erhöhung der Profilwölbung erreicht. Mit jeder Änderung der Flügelgeometrie, bzw.
Pfeilung ist auch eine Verschiebung des Auftriebsmittelpunktes zwangsläufig verbunden.
Dem Vogel ist es aber nicht möglich, den Körperschwerpunkt mitzuverschieben. Wenn er
also den Flügel für den Langsamflug durchstreckt, ist damit auch eine Wanderung des
Auftriebsmittelpunktes nach vorne programmiert. Dies würde unmittelbar ein Abkippen nach
hinten verursachen, wenn dies nicht durch Auffächern des Schwanzes verhindert werden
würde. Damit wird zusätzlicher Auftrieb hinter dem Schwerpunkt erzeugt und der
Momentenhaushalt kommt wieder ins Gleichgewicht.
Nun wissen Sie, warum Vögel, wenn sie segeln,
immer den Schwanz aufgefächert halten. Sobald er den Flügel für den Streckenflug wieder
entspannt wird der Schwanz schmal.
Im Segelflug halten die meisten Landsegelvögel
ihre Schwungfedern extrem gespreizt. Dadurch werden am Flügel eine Reihe von einzeln
wirksamen Flügeln ausgebildet, die sich durch geschickte Anordnung und
Anstellwinkelkombination gegenseitig so beeinflussen, dass der induzierte Randwiderstand
auf ein minimales Ausmass reduziert wird. Beim Entspannen der Flügel für den Strecken-
oder Jagdflug spielt sich der ganze komplexe Vorgang genau umgekehrt ab:
Durch Verkleinem der Flügelfläche, erhöht sich
die Flächenbelastung, die Profilwölbung und der Anstellwinkel werden um den richtigen
Wert verringert.
Das sind so, in groben Zügen dargestellt, die
Feinheiten eines Vogelflügels. Wenn man die Zusammenhänge kapiert hat, kann man sich nur
noch wundern, wie eine so komplizierte Sache einfach so wachsen kann und es drängt sich
einfach die Erkenntnis auf, dass da eine überragende Intelligenz verantwortlich zeichnet.
Ich könnte noch viele Seiten über das Wunder des Vogelfluges schreiben. Die
Oberflächenrauhigkeit wäre z.B. auch noch ein ganz besonders interessantes Kapitel. Sie
ist bei jedem Vogel genau auf den RE-Zahlbereich abgestimmt, in dem er sich bewegt. Das
allerbeste ist aber wohl, dass alle aerodynamisch wichtigen Teile, ob sie nun abgenutzt
sind oder nicht, jährlich ausgetauscht werden. Die Natur leistet sich diesen Luxus, um
die Flugfähigkeit als Überlebensgrundlage unbedingt zu erhalten.
Sie geben mir bestimmt recht, wenn ichfeststelle: EINE SUPERSACHE, SO EIN VOGELFLÜGEL !!
Mit dem MILAN und den anderen Vogelnachbauten hatte ich viele schöne Flüge. Am
schönsten war es aber immer, wenn sich lebende "Artgenossen" dazugesellten.
Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass die Vögel sicher schon aus grosser Entfernung
erkennen können, dass da etwas nicht ganz geheuer ist. Sie nähern sich aus purer
Neugier. Inzwischen scheint es mir auch gewiss, dass Vögel so etwas wie einen Spieltrieb
haben. Anders kann ich mir beim besten Willen nicht erklären, warum ein Bussard sich
stundenlang mit dem MILAN am Hang tummelt, sich spielerisch hoch hinauftragen lässt, um
dann wieder abzutauchen. Bei solchen Gelegenheiten lasse ich den MILAN gern vorsichtig
immer näher herangleiten und mancher Bussard liess sich auf diese Art sehr nahe
heranlocken. Das Verhalten der Vögel ist natürlich sehr stark abhängig von
Ernährungssituation, Jahreszeit u.s.w.. Krähen sind die eifrigsten Verfolger der
Greifvögel und damit auch des MILAN. Ganz offensichtlich haben sie es sich zur
Lebensaufgabe gemacht, den Greifvögeln die Freude am unbeschwerten Fliegen zu vergällen.
Meinen MILAN kennen die Krähen in meiner Gegend gut. Er ist für sie ein völlig
ungefährliches Objekt, auf das man sehr gut die im Umgang mit Greifvögeln noch
unerfahrenen Nachkommen hetzen kann. Beim FALK und HORUS trauen sie sich das nicht mehr,
sondern halten sich unauffällig im Hintergrund. Vermutlich ist das sehr genau nachgebaute
Flugbild der beiden Falken in ihren Gehirnen als Ursache allergrösster Gefahr
gespeichert. In dem Gelände, wo ich meine Vögel hauptsächlich fliegen lasse, teilen
sich ausser den bereits erwähnten Krähen und Bussarden auch noch Kolk, Habicht,
verschiedene Falken und der Steinadler den Luftraum. Kolke sind ebenfalls sehr neugierig
und verspielt. Immer wieder kommt es vor, dass ein Paar, das ich schon seit vielen Jahren
kenne, weil es nicht weit hinterm Haus seinen Horst hat, plötzlich am Hang auftaucht und
mitfliegt. Unbeirrt segeln sie in geringstem Abstand neben MILAN. Sie fliegen die Achten
vor der Hangkante genau synchron mit. Es sieht gerade so aus, als würden sie dem Vogel
aus der Retorte Geleitschutz geben wollen. Ihre Eleganz wird durch das schlichte,
einheitlich stahlblaue Gefieder etwas verdeckt. Sie sind ganz ausgezeichnete Segler. Ich
bezeichne sie gerne als die "Möwen der Alpen". Kolke haben noch nie einen
Angriff auf ein Modell geflogen, sie lassen sich nicht irritieren.
Bussarde sind dagegen in ihrem Verhalten nicht einzuschätzen. Meist verhalten sie sich
völlig neutral, fliegen einfach so mit, übersteigen das Modell und verschwinden wieder
aus dem Gesichtsfeld. Dann aber tauchen sie mit rasender Geschwindigkeit ab, so schnell,
dass man es bis zum Boden herab rauschen hören kann, stürzen haarscharf am Modell vorbei
oder fangen früh genug ab.
Bussarde sind sehr verwegene Kämpfer. Sie trauen sich sogar an den mächtigen und viel
stärkeren Steinadler heran und verlassen sich drauf, dass der Steinadler viel zu behäbig
ist. Mehrmals konnte ich beobachten, wie ein Steinadler verärgert versuchte einen
lästigen, draufgängerischen Bussard zu greifen. Vielleicht gelingt es hin und wieder,
aber normalerweise bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich schleunigst zu verdrücken.
Wenn gar zwei Bussarde zugleich angreifen, ist es für den König der Lüfte mit dem
genüsslichen Segeln vorbei.
Um die Greifvögel steht es in unserer Zeit nicht besonders gut. In den vergangenen
Jahrhunderten war es der menschliche Futterneid, der manchem "Hühnergeier" den
Tod brachte. Heute ist es die ausgeprägte Monokultur mit ihrer Abneigung gegen jede
natürliche Unterbrechung der "Kulturlandschaft" durch Bäume und Sträucher.
Den weitaus grössten Schaden unter den Greifvögeln hat aber der unvernünftige Einsatz
von Pestiziden in den letzten Jahrzehnten verursacht. Greifvögel sind als letztes Glied
einer Nahrungskette davon am stärksten betroffen. Das grossräumige Verschwinden dieser
gefiederten Spezialisten hat aber der Landwirtschaft und damit uns allen, grosse Probleme
gebracht. Denn wer soll nun die in Überzahl auftretenden Nager wegputzen? Gegen Gift sind
manche inzwischen immun. Es wird weiterhin fleissig Gift gesprüht, auch wenn heute schon
jedem Schulkind bewusst ist, dass auch wir Menschen das Ende einer Nahrungskette sind.
In den Alpen hat sich Gott sei Dank der Steinadlerbestand wieder sehr gut erholt. Ich habe
das Glück, und weiss das auch zu schätzen, diesen starken, stolzen Vogel in Freiheit
beim Jagen beobachten zu können, wann ich gerade Lust dazu verspüre.
März 1996
Inzwischen sind etliche Jahre vergangen. Nach wie vor nehme ich mir sehr viel Zeit,
Greifvögel zu beobachten. Seit wieder Bartgeier in Mitteleuropa fliegen, hatte ich schon
oft auch diese imposanten Vögel im Fernglas. Gerade vor wenigen Tagen, während eines
Paragleiterfluges, genoss ich in einem engen, ruppigen Frühjahrsthermikschlauch die
Gesellschaft eines voll ausgewachsenen Bartgeiers - ein unvergessliches Erlebnis.
Ausführung
und Prinzip meiner
Vogelnachbauten sind gesetzlich geschützt. |
Aus gegebenem Anlass weise ich darauf hin, dass es
nicht genügt, einfach ein Detail an meinen Konstruktionen zu ändern, um dann ein
"neues" Modell anbieten zu könne. Leider machen das viele
"Konstrukteure" so. Es ist das Prinzip, die Neuheit, geschützt. Lesen Sie bitte
den Testbericht in AUFWIND 6/89 und im MODELL 8/1990
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