Robert Schweissgut Intro
Vorwort
Warum Nurflügel ?
Slow down, you move too fast...
Was bringt der FLAT-TIP ...
Marathon, Nugget
Cloudbuster, Windwalker II
Hippie
Hand-launch-riser Orbit, Slowing
Kea, Cult
Hohe Streckung beim
Nurflügel
Elektrosegler
Gusto, Bolero
Boogie, Bambino
Nurflügeltypen
Venus, Super-Wing II
Hangsegler: Zorro Highlight
Slogan
Wingfreak
Top-fun
Zorro classic
Chopper
Gross-Segler Pelikan, Mandarin
Landehilfen, F-Schlepp
Cosmopolit, Cross-country
Milan
Ger, Möwe
Steinadler |
Mehr als dreissig Jahre lang beobachte ich nun
schon diese mächtigen Greifvögel. Ihre Kraft, Wildheit und Verwegenheit faszinieren mich
aber nach wie vor.
Steinadler sind zwar nicht die grössten Greifvögel Europas, da sind ja noch die Geier,
aber mit Sicherheit sind es die mutigsten und stärksten. Nicht umsonst haben viele
Nationen diese Vögel zu ihrem Wappentier gemacht.
In unseren Bergen gibt es noch, oder sollte ich besser sagen wieder, eine starke
Steinadlerpopulation. Ich nehme mir oft Zeit, sie zu beobachten, praktisch jeden Tag kann
ich bequem vom Balkon aus dem Treiben in der Luft zusehen.
Im Sommer verbringe ich mehrere Tage in den Bergen, nur mit Schlafsack und einem stark
vergrössernden Fernglas ausgerüstet.
Während der vielen Jahre, in denen ich diese Vögel intensiv beobachtet habe, habe ich
selbstverständlich auch ihre bevorzugten Jagdreviere sehr gut kennengelernt und ebenso
sind mir die Flugrouten bekannt, die sie wählen, wenn sie von einem Revierteil in den
anderen wechseln. So ist es recht einfach den besten Beobachtungsstandpunkt zu wählen, um
die Vögel den ganzen Tag über nicht aus den Augen zu verlieren.
Ich möchte Ihnen hier in sehr kompakter Form eine Einsicht in ein Lebensjahr eines
Steinadlerpaares vermitteln. Es ist darin nur ein kleiner Teil meiner umfangreichen
Notizen zusammengefasst.
Steinadler sind oft voller Übermut. Besonders im Winter, zur Paarungszeit, fliegen sie
ausgelassen die tollsten Kapriolen. Oberhalb der Talinversion kann sich aus steilen Rinnen
und Karen gute Thermik ablösen, die manchmal stark genug ist, um Schnee mitzureissen. In
diesen "Kaminen" lassen sich die Adler so hoch hinauftragen, dass man sie vom
Talgrund nur mehr mit Mühe erkennen kann. Dann legen sie richtig los: Mit angelegten
Schwingen stürzen sie in die Tiefe und erreichen dabei eine unglaubliche Geschwindigkeit.
In weitem Bogen fangen sie den Sturz ab, ziehen hoch, reissen am oberen Totpunkt den Kopf
nach hinten, legen abermals die Schwingen an, um nochmal abzutauchen.
So geht das Spiel, bis sie die Inversionsschicht erreicht haben, dann steigen sie von
neuem in den "Lift" und kreisen in engen Spiralen höher, immer spielerisch und
leicht, dass es eine wahre Freude ist, zuzusehen und ich mich selber ganz leicht dabei
fühle.
Ende Februar, Anfang März, sitzt das Weibchen bereits fest auf den Eiern, es sind meist
zwei. Nur an besonders sonnigen und warmen Tagen überlässt sie das Brutgeschäft der
Sonne und tummelt sich mit dem Partner im Luftraum über dem Revier. Der mächtige,
mehrstöckige Horst hängt in einer steilen Felswand, gar nicht hoch über der Talsohle.
Damit ist er für die rauhen, bissigen Höhenwinde nicht erreichbar. Die besten
Murmelreviere liegen sogar höher, der Adler muss also die Beute nicht mühevoll zum Horst
fliegen, sondern erreicht ihn normalerweise im Gleitflug.
Während der Brutzeit und in den ersten Tagen nach den Schlüpfen wird das Weibchen vom
Männchen regelmässig mit Nahrung versorgt. Grosse Beutestücke werden sofort nach dem
Überfall zerteilt und anschliessend zum Horst geflogen. Das Weibchen reisst mit dem
scharfen Schnabel kleine Häppchen ab und bietet sie den Jungen an. Dieses Anbieten
geschieht mit unerwarteter Zärtlichkeit. Diese würde man diesen Vögeln nie zutrauen.
Sorgsam sind die Altvögel bedacht, mit ihren nadelspitzen Fängen und dem scharfen
Schnabel die Jungen nicht zu verletzen.
Die Jungen wachsen sehr rasch und verlangen mit jedem Tag nach mehr Futter, die Eltern
haben alle Flügel zu tun, genug herbeizuschaffen. Das stärkere der beiden Jungen
erhascht immer etwas mehr und wächst deshalb etwas schneller. Der Kümmerling wird sogar
von den Eltern vernachlässigt, wenn sie z.B. durch ungünstiges Wetter nicht mehr in der
Lage sind, ausreichend Beute zu schlagen. Hunger macht die Jungvögel extrem agressiv und
wenn wirklich zu wenig Nahrung angeboten wird, bedeutet dies den sicheren Tod für den
Kümmerling. Es wird praktisch als eiserne Reserve gefressen, die alten Adler helfen sogar
beim Zerteilen. Aber es ist gut so! Würden beide gerade so durchkommen, wären auch beide
zu schwach für den Lebenskampf. So überlebt wenigstens eines und hat ausreichend
Kraftreserven und das Überleben der Art ist gesichert.
Ist das Junge nicht mehr im Flaum, wird es von den Eltern untertags fast immer allein
gelassen.
Der Horst ist für Feinde unerreichbar, nur Kolke kommen gelegentlich vorbei und stehlen
Beutereste.
Schon bald beginnt der Jungadler mit dem Training der Brustmuskeln. Wild schlägt er mit
den Flügelstummeln, die er bisher auch zum Krabbeln benutzt hat. Anschliessend verbringt
er viele Stunden mit der Gefiederpflege, obwohl das nur spärlich ausgebildet ist.
Trotzdem arbeitet er emsig daran herum. In der Tageshitze döst er in der Horstmulde und
beschäftigt sich gerne auch mit den lästigen Fliegen, die in Massen den Horst besuchen.
Immer kräftiger wird der Schlag der Schwingen, bis es eines Tages gelingt, den Körper
vom Boden zu heben. Jeder unerwartete Windstoss könnte den Jungadler in einem solchen
Moment in aus dem sicheren Horstbereich werfen...
Ende Juli, Anfang August muss jeden Tag damit gerechnet werden, dass der Erstflug gewagt
wird. Diesen Termin versäume ich nur ungern. Vom gut gedeckten Standpunkt auf der
gegenüberliegenden Talseite kann ich mit dem starken Fernglas jede Einzelheit erkennen.
Die alten Adler entdecken mich selbstverständlich innerhalb kurzer Zeit. Sie können sehr
wohl unterscheiden zwischen harmlosen Wanderern und Neugierigen, die sich über lange Zeit
nicht von der Stelle bewegen und vielleicht noch versuchen, sich zu tarnen. Nach mehreren
nahen Vorbei- und Überflügen lassen sie sich auf einer dürren Bergfichte in wenigen
hundert Metern Entfernung nieder und mustern mich nun ihrerseits argwöhnisch. So hocken
wir also und lassen uns gegenseitig nicht aus den Augen. Sie lockern das Körpergefieder,
das sie während des Fluges eng an den Körper pressen, um Widerstand einzusparen. Jetzt
erscheinen sie noch wuchtiger. Das goldfarbene Nackengefieder ist leicht gesträubt und
der mächtige aber wohlgeformte Schnabel halb geöffnet. Unablässig schweifen ihre Blicke
umher, keine Bewegung, nicht die geringste, entgeht ihnen. Immer wieder sichern sie auch
in meine Richtung, mein Gesicht ist aber von Fernglas und Stativ vollkommen abgeschirmt
und der übrige Kopf vom Hut abgedeckt. Durch das starke Fernglas kann ich deutlich das
Glänzen der grossen, nussbraunen Augen mit dem schönen, durchdringenden Blick
wahrnehmen. Es ist gerade so, als würden sie direkt vor mir sitzen.
Dann stossen sie sich plötzlich vom Ast und gleiten ins Tal hinaus. Ich lasse sie Abstand
gewinnen, dann kann ich mich endlich frei bewegen. Ich mache ein paar Freudensprünge, um
meine verspannte Muskulatur zu lockern. Dann massiere ich die Augen mit vitaminreichem Öl
und schütze sie wieder mit der Sonnenbrille.
Nach der Erholungspause mit genüsslicher Brotzeit wende ich meine Aufmerksamkeit wieder
dem Jungen im Horst zu. Den Erstflug möchte ich unter keinen Umständen versäumen. Der
Jungvogel wird von den Alten nicht animiert, das ist ein verbreiteter Irrtum. Ebenso ist
es falsch, dass Adler von der ersten Minute an perfekt fliegen können. Sie können zwar
ihre Flügel gebrauchen, aber von Beherrschung kann absolut keine Rede sein. Die Allvögel
bemühen sich in keiner Weise, das Junge zu belehren, ja sie verhalten sich sogar
gleichgültig.
Mit dem Erstflug wird der gefährlichste Abschnitt im Leben eines Jungadlers eingeleitet.
In dieser Lebensphase verunglücken viele Tiere.
Der Jungadler trippelt nervös am Horstrand hin und her. Die Schwingen sind ständig
leicht geöffnet. Es ist später Nachmittag, als er sich endlich vom Horst löst und mit
weit durchgestreckten Schwingen eine Strecke von einigen hundert Metern abgleitet. Er
versucht auch gleich ein paar Flügelschläge, die allerdings seine Unbeholfenheit sofort
verraten.Der erste Flug dauert nicht lange, es fehlt die Kraft und die Routine. Die
Landung gestaltet sich aber sehr schwierig. Er versucht, einzeln stehende Bäume
anzufliegen, ist aber jedes Mal viel zu schnell. Er kann nur einen Ast erwischen, kippt
vornüber und muss nach einigen verzweifelten Versuchen sich aufzurichten, loslassen. Er
kann den Anflug noch nicht richtig einteilen, das muss er erst lernen. Nach mehreren
Fehlschlägen lässt er sich schliesslich hundemüde auf eine flache Bergwiese plumpsen
und überkugelt sich dabei. Hier hockt er nun, zitternd und erstaunt über die Grösse der
Welt. Er stakst auf seinen langen Beinen durch das harte Gras, in dem sich seine
nadelspitzen Fänge immer wieder verhaken. Dann erinnert er sich an seine Flügel und
wachtelt eifrig, aber offensichtlich ist es ihm nicht ernst: Immer wenn es ihn ausheben
würde, lässt er sich wieder fallen. Vorerst begnügt er sich damit, die nähere Umgebung
"zu Fuss" zu erforschen und nur gelegentlich ein paar Flatterübungen
einzulegen. Bei einer solchen Übung erwischt in unverhofft eine Böe und lupft ihn in die
Höhe, nun muss er wieder fliegen.
Er kann Entfernungen noch nicht abschätzen und gleitet viel zu nahe an den Felswänden
entlang. Die rechte Schwinge berührt den Fels und erschrocken zieht er sie an. Damit
provoziert er eine Drehung gegen den Fels und muss sich mit den Beinen abstossen. Heftig
flatternd kommt er frei und hält fortan einen ordentlichen Respektabstand ein. Wenig
später fliegt er schnurstracks auf eine schräg von der Felswand abstehende Fichte zu.
Viel zu spät erkennt er das Hindernis, das Ausweichmanöver gelingt nicht, er rammt den
Baum in voller Fahrt. Er wird brutal herumgewirbelt und fällt zehn Meter durch.
Glücklicherweise ist er nicht verletzt. Er hat endgültig genug für diesen Tag.
Ohne Umschweife flüchtet er in den freien Luftraum und steuert direkt auf eine Bergwiese
zu, in deren Mitte ein Baumgruppe plaziert ist. Er schafft es tatsächlich, ohne besondere
Probleme auf einer dicht mit Ästen bewachsenen Fichte zu landen. Hier kann ich ihn bis
Anbruch der Dämmerung sitzen sehen. Hin und wieder ist sein klagender Ruf zu vernehmen,
der den Eltern hilft, den ausgeflogenen Sprössling zu finden. Wenige Tage später ist das
Fliegen schon der reine Spass für ihn. Er versucht hartnäckig, den Altadlern zu folgen.
Diese sind aber vollauf mit Jagen beschäftigt und streichen verärgert ab, wenn der
Junior völlig ungedeckt im Murmelrevier auftaucht und die Murmel in ihre Baue scheucht.
Nun sieht man ihn nur noch mit den Eltern fliegen. Er ist beim Jagen dabei und lernt sehr
schnell, obwohl er keine direkte Anleitung erhält.
Im Herbst versammeln sind die Jungadler der benachbarten Reviere. Nahrung ist aber im
Überfluss da in dieser Zeit des ersten Schnees in den Bergen. Die schwächsten Tiere in
den grossen Gamsrudeln werden jetzt schon Opfer von Wind und Kälte. Manches unvorsichtige
Tier wird von einer Lawine oder einem Schneebrett erfasst und ins Tal gefegt.
Möglicherweise überlebt das Tier, kann sich aber aus eigener Kraft nicht befreien. Meist
sind sie aber verletzt. Diese Tragödie spricht sich sehr rasch im Revier herum. In
kürzester Zeit sind die Adler zur Stelle und schlagen sich die Kröpfe voll. Es frisst
immer nur ein Tier am Kadaver. Kolke wollen auch ihren Teil abkriegen und fliegen dreiste
Sturzangriffe gegen die Adler. Was bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht gefressen ist,
holen sich die Füchse. Nach höchstens zwei Tagen sind nur noch wenige Knochen übrig und
die holt letztendlich der Bartgeier.
Spätestens im Februar werden die jungen Adler nicht mehr im Revier geduldet, die Alten
jagen sie davon. Nun beginnen die Wanderjahre. Jungadler können in einem Jahr mehrere
tausend Kilometer zurücklegen. In Österreich beringte Vögel wurden sogar schon in
Spanien geortet. In unbekanntem Gebiet sind die Adler völlig sich selbst überlassen und
es zeigt sich bald, wer kräftig genug ist. Nur ca. 20% überleben die ersten fünf
Jahre bis zur Geschlechtsreife. Diese suchen sich dann einen Partner, mit dem sie, wenn
sie ein Revier erobern können, ein Leben lang zusammenbleiben. |